Harsche Kritik: „Verbraucherschützer befürworten Zwei-Klassen-Gesellschaft bei der Beratung“ | Pfefferminzia – Das Multimedium für Versicherungsprofis

Beitrag von Karen Schmidt vom 31.05.2017 auf http://www.pfefferminzia.de

Die Redaktion des „Versicherungstips“ schießt scharf gegen den Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Die Verbraucherschützer würden mit ihrem Votum für ein Provisionsverbot eine Zwei-Klassen-Gesellschaft bei der Beratung hierzulande befürworten und hätten offenbar kein Problem damit, wenn Reiche eine professionelle Beratung bekämen, während Normal- und Geringverdiener nur unverbindliche Empfehlungen erhielten. Hier erfahren Sie mehr dazu.


Die Skyline des Londoner Finanzzentrums „The City“: Seit 2013 gibt es das Provisionsverbot in Großbritannien. © dpa/picture alliance

Seit 2013 gibt es in Großbritannien ein Provisionsverbot für die Anlageberatung, unter anderem zu Investmentfonds und Lebensversicherungen. Wie sich das auf den Markt auswirkt, haben das britische Finanzministerium HM Treasury und die Aufsichtsbehörde Financial Conduct Authority (FCA) untersucht und in dem Bericht „Financial Advice Market Review“ (FAMR) zusammengefasst.

Auf diesen Bericht bezieht sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), und meint, die Beratungsqualität und das Verbrauchervertrauen würden in Folge des Provisionsverbots zunehmen. Die Redaktion des Versicherungstips hat den Bericht gelesen und diesen Satz im Bericht nicht gefunden. „An welcher Stelle diese Behauptung dem Bericht zu entnehmen ist, wollte der VZBV dem Düsseldorfer Brancheninformationsdienst Versicherungstip ‚aus Kapazitätsgründen‘ nicht beantworten“, heißt es in einer Pressemitteilung des Blattes.

Weiter heißt es dort: „Doch ein Hintergrundpapier des VZBV ist entlarvend: Für ein Provisionsverbot redet die Verbraucherzentrale einer Zwei-Klassen-Gesellschaft bei der Beratung das Wort – Professionelle Beratung für Reiche, für Normal- und Geringverdiener aber keine individuelle Beratung mit konkreter Kaufempfehlung.“

Aber von vorn. Worum geht es überhaupt? In dem FAMR-Report aus dem März 2016 heißt es laut Versicherungstip, dass als negative Folgen des Provisionsverbots Verbraucher mit mittleren und geringen Einkommen sich keine Honorarberatung leisten könnten und in eine Beratungslücke fielen. Die absolute Zahl der Berater sei demnach durch das Provisionsverbot zurückgegangen, gleichzeitig sei der Anteil der Berater, die als Voraussetzung für eine Beratung ein Mindestportfolio von 100.000 Pfund verlangten, von 13 Prozent 2013 auf 32 Prozent ein Jahr später explodiert. Zudem würden 45 Prozent der Berater kaum noch Altersvorsorgeberatungen vornehmen, wenn das Vermögen der Kunden unter 30.000 Pfund liege.

Absichtliche Irreführung?

Im FAMR-Fortschrittsbericht vom 11. April 2017 werde dargelegt, wie diesen problematischen Folgen begegnet werden könne und wie weit man mit der Umsetzung der Maßnahmen sei, heißt es in der Pressemitteilung des Versicherungstips weiter. Am 20. April kam dann eben die Pressemitteilung des VZBV, in der es heißt: „Der Bericht aus Großbritannien zeigt, dass ein Provisionsverbot wirkt. Sowohl die Beratungsqualität als auch das Vertrauen der Verbraucher in die Finanzberatung nehmen zu. Die Qualität der Anlageberatung in Deutschland ist nachweislich schlecht. Deshalb braucht es auch in Deutschland dringend ein Provisionsverbot.“

Daraufhin wollte die Redaktion eben wissen, an welcher Stelle des FAMR-Berichts diese Aussage zu finden sei – die Klarstellung durch die Verbraucherschützer erfolgte, wie oben bereits ausgeführt, nicht. „Hier drängt sich der Verdacht auf, dass eine absichtliche Irreführung der Verbraucher, Medien und Politiker vorliegt“, kritisiert Versicherungstip-Chefredakteur Erwin Hausen das Vorgehen der Verbraucherschützer.

Man haben den VZBV auch dazu befragt, wie man dort dazu stünde, dass die Briten für Leute mit geringerem Einkommen Beratungsangebote schaffen wollen, „die mit niedrigeren regulatorischen Anforderungen keine Beratung anbieten, sondern lediglich als Tippgeber auf Anlage-/Versicherungsmöglichkeiten hinweisen, ohne dass eine konkrete Kaufempfehlung ausgesprochen werden darf.“ Für die Reichen gebe es also eine professionelle Beratung, für weniger Vermögende nur unverbindliche Empfehlungen. „Auch diese Versicherungstip-Anfrage blieb aufgrund mangelnder Kapazitäten der Verbraucherzentrale unbeantwortet“, heißt es in der Pressemitteilung.

Die Redaktion hat sich dann das Hintergrundpapier des VZBV zur Wirkung des Provisionsverbots in Großbritannien angeschaut, und „dort befürwortet der VZBV indirekt eine Zwei-Klassen-Gesellschaft“, schreibt Versicherungstip weiter und zitiert diese Passage aus dem Hintergrundpapier: „Um sich rechtlich abzusichern, konnten Berater auch für einfache Probleme nur teure Beratung anbieten (…) Dies hat dazu beigetragen, dass Verbraucher bei vergleichsweise einfachen Finanzproblemen keinen professionellen Rat in Anspruch genommen haben. Unterdessen ist es zugelassenen Beratern gestattet, ihre Kunden auch ohne vollständige Beratung auf einfache Möglichkeiten hinzuweisen, solange keine konkrete Kaufempfehlung an diese Kunden ausgesprochen wird.“

Für Versicherungstip-Chefredakteur Erwin Hausen ist die Position der Verbraucherschützer ein „Skandal“: „Der VZBV fordert die Einführung eines Provisionsverbots in Deutschland. Offenbar haben die vermeintlichen Verbraucherschützer keinerlei Probleme damit, wenn professionelle Beratung den Reichen vorbehalten ist, während es bei Normal- und Geringverdienern nur für unverbindliche Empfehlungen reicht. Wenn ein staatlich hoch subventionierter Verband zur Spaltung der Gesellschaft beiträgt, bloß um die Provisionsverbots-Ideologie durchzusetzen, ist das kein Verbraucherschutz und hat eine politische Dimension, die alle Parteien angeht.“

Quelle: Harsche Kritik: „Verbraucherschützer befürworten Zwei-Klassen-Gesellschaft bei der Beratung“ | Pfefferminzia – Das Multimedium für Versicherungsprofis

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